Nach endlosen Wochen rückt der Geburtstermin näher! Du kannst es kaum erwarten, aber jetzt, wo es langsam ernst wird, gibt es gefühlt tausend Fragen und Ängste: Schaffe ich das alles? Wie schmerzhaft wird es sein? Wird alles gut gehen? Natürlich bist du nervös – keine Frau geht dieses lebensverändernde Ereignis “mal eben ganz easy” an. Dass dir niemand den genauen Ablauf oder auch nur den Termin vorhersagen kann, macht es nicht leichter. Vielleicht hilft dir dieser kleine Überblick über die einzelnen Phasen einer Geburt, wie viele Frauen sie erleben. Eines ist sicher: Je mehr Vertrauen du in dich selbst hast, desto eher kannst du Ängste loslassen. Genau dieses Loslassen ermöglicht das konzentrierte Einlassen auf das überwältigende “Abenteuer Geburt”. Das macht alles so viel einfacher – versprochen!
- Die Vorbereitung auf die Geburt
- Anzeichen für die Geburt
- Übungswehen oder Geburtswehen?
- Geburt in der Klinik: Wie sinnvoll ist ein Geburtsplan?
- Schmerz und Ängste vs. Loslassen
- Die Eröffnungsphase – der Beginn der Geburt
- Die Austrittsphase (Austreibungs- oder Pressphase)
- Die Nachgeburtsphase (Plazentarperiode)
- Weitere Lesetipps
Wenn du an irgendeinem Punkt unsicher bist oder Zweifel hast, hole dir bitte immer ärztlichen Rat oder sprich mit deiner Hebamme!
Die Vorbereitung auf die Geburt
In den letzten Wochen der Schwangerschaft bereiten sich dein Baby und dein Körper als eingespieltes Team auf die Geburt vor. Die Übungswehen stellen sich ein – beim ersten Kind etwa um die 32. Woche herum, ab dem zweiten Kind manchmal sogar schon ab SSW 20. Übungswehen sind leichte Kontraktionen der Gebärmutter, die schon mal für ihre kommende Aufgabe trainiert, allerdings noch nicht muttermundwirksam. Mach alles langsam und vermeide Stress. Die Kliniktasche sollte dann so langsam gepackt bereitstehen, spätestens aber ab der 36. Woche – auch wenn du eine Hausgeburt planst!
Um die 36. Schwangerschaftswoche herum können dann die Senkwehen einsetzen: Dein Baby begibt sich in Startposition und tritt tiefer ins Becken. Der Bauch wird hart, es zieht wie bei der Menstruation – richtig schmerzhaft sind die Senkwehen aber nicht. Nun wird es eng in der Gebärmutter: Du nimmst die Bewegungen des Babys deshalb vermutlich nicht mehr so intensiv wahr. Der Bauch senkt sich etwas ab, du kannst wieder besser atmen und hast weniger mit Sodbrennen zu kämpfen. Allerdings wächst auch der Druck auf die Blase, du musst häufiger zur Toilette. Es zieht und drückt überall, manchmal spürst du vielleicht auch einen stechenden Schmerz in der Scheide.
Dein Baby will langsam raus und produziert jetzt vermehrt das Hormon Cortisol zur Reifung seiner Organe, vor allem Lunge, Leber und Nieren. Für deinen Körper ein Signal, die Hormonproduktion von Progesteron auf Östrogen umzustellen. Unter anderem dieses sensible Zusammenspiel von Cortisol und Östrogen stößt die Synthese von Prostaglandin an – ein vielfältig wirkendes Hormon. Es sorgt dafür, dass der Gebärmutterhals schön weich wird und der Muttermund sich dehnen kann, dient aber auch als Schmerzbotenstoff.
Anzeichen für die Geburt
Viele werdende Mamas spüren kurz vor der Geburt eine innere Unruhe. Manche haben das Bedürfnis, nachts noch schnell das Kinderzimmer zu streichen oder räumen die Wickelkommode noch mal um – der Nestbautrieb meldet sich!
Auch dein Körper gibt dir Signale, dass es bald losgeht: Der Schleimpfropf, der bisher den Gebärmutterhals (Zervix) verschlossen und vor Keimen geschützt hat, löst sich und wird ausgeschieden. Manchmal landet der Schleimklumpen im Slip, oft wird er aber auch unbemerkt in der Toilette oder unter der Dusche weggespült. Es könnte durch das Öffnen des Muttermundes auch ein wenig (!) Blut abgehen. Kein Grund zur Sorge: In der Fachsprache nennt man das “Zeichnen”. Die Geburt steht bevor, kann sich aber durchaus noch ein paar Tage hinziehen.
Etwa 20 % der Geburten kündigen sich mit einem vorzeitigen Blasensprung an: Die Fruchtblase platzt, bevor regelmäßige Wehen einsetzen. Nicht unbedingt “hollywoodlike” und schwallartig – das Fruchtwasser kann auch tröpfchenweise abgehen. Im Unterschied zum Urin lässt sich das Fruchtwasser nicht anhalten, es ist geruchlos und kann weißlich-flockig sein. Bitte schau auf die Uhr, damit du weißt, wann genau die Fruchtblase geplatzt ist. Das Fruchtwasser wird zwar nachgebildet, aber zu lange sollten sich die Wehen jetzt nicht mehr hinziehen, weil das Risiko für Infektionen und Blutungen nach der Geburt steigt. Nach 24 Stunden wird deshalb häufig die Geburt eingeleitet, falls die Wehen nicht einsetzen.
Zum vorzeitigen Blasensprung solltest du einige Dinge wissen:
- Wenn das Fruchtwasser klar oder leicht rosa ist und das Kind in Schädellage fest im Becken liegt (das erfährst du bei den Vorsorgeuntersuchungen), informiere deine Hebamme, deine:n Gynäkolog:in bzw. die Klinik – es besteht aber kein Grund zur Sorge: Sollte es nachts passieren, kannst du damit bis zum Morgen warten.
- Hat das Baby noch keinen festen Kontakt zum Becken oder liegt in der Beckenendlage, leg dich mit hochgelagertem Becken hin und lass dich im Liegen per Krankentransport in die Klinik fahren. Das ist eine Vorsichtsmaßnahme und erst mal kein Anlass zur Panik.
- Bei grünlichem, übel riechendem Fruchtwasser lass dich schnellstmöglich im Liegen zur Untersuchung in die Klinik fahren. Dein Baby hat seinen ersten Stuhlgang ins Fruchtwasser abgesetzt, das sogenannte Mekonium. Das ist eine Stressreaktion des Babys und muss untersucht werden.
- Bekommst du mehr als ein Baby, ist der Blasensprung dein Signal, in die Klinik zu fahren.
- Platzt die Fruchtblase vor der 37. Woche, fahre bitte in jedem Fall auf dem schnellsten Weg in die Klinik.
Übungswehen oder Geburtswehen?
Das deutlichste Anzeichen für die bevorstehende Geburt sind natürlich die Wehen. Beim ersten Kind hast du vielleicht Angst, die Übungswehen mit echten Wehen zu verwechseln. Mit einer Wärmflasche oder einem warmen Bad (max. 38°) lässt es sich gut testen: Verschwinden die Wehen wieder, kannst du dich noch entspannen. Werden sie stärker, achte auf Abstand und Dauer der Kontraktionen.
Viele Frauen befürchten, die “echten” Wehen nicht zu erkennen. Vertrau dir selbst! Du wirst den Unterschied sehr deutlich spüren: Geburtswehen kommen regelmäßig, in immer kürzeren Abständen und werden schmerzhafter. Konntest du dich während der Vorwehen noch entspannt unterhalten, konzentrierst du dich bei Geburtswehen automatisch nur darauf. An dem Punkt solltest du dich langsam auf den großen Moment vorbereiten. Beim ersten Baby kann es allerdings noch acht bis vierzehn Stunden dauern, bis du es im Arm hältst, du musst also nicht Hals über Kopf aus dem Haus stürzen. Gib deiner Hebamme Bescheid, falls sie dich bei der Geburt begleitet, und informiere die Klinik über den Stand der Dinge. Melden sich die Wehen etwa alle 5 Minuten, ist es Zeit, loszufahren. Ab dem zweiten Kind kann es allerdings recht schnell gehen – fahr also lieber etwas früher los.
Geburt in der Klinik: Wie sinnvoll ist ein Geburtsplan?
Nach dem Eintreffen im Krankenhaus wird zunächst untersucht, wie weit die Geburt fortgeschritten ist. Die Aufnahmeuntersuchungen und Maßnahmen weichen je nach Klinik voneinander ab. Falls du das Glück einer 1:1-Betreuung durch deine Hebamme hast, wird sie den Ablauf der Geburt und deine Wünsche dazu genau mit dir durchsprechen und auch während der Geburt an deiner Seite sein. Aber vielleicht lernst du deine Hebamme erst kurz vor der Geburt kennen. Dann ist es für sie sehr hilfreich, deine wichtigsten Vorstellungen und Wünsche auf einen Blick zusammengefasst zu sehen. Dafür kannst du einen Geburtsplan erstellen.
Im besten Fall hast du in einem guten Geburtsvorbereitungskurs viel Wissen vermittelt bekommen und erfahren, welche Punkte der Geburt du mitgestalten kannst. Informiere dich in deiner Wunschklinik beim Vorgespräch unbedingt über das Prozedere dort.
Ein Geburtsplan hilft auch dir selbst, die Geburt gedanklich schon einmal durchzuspielen. Und je besser du dich darauf vorbereitest, desto entspannter wirst du sie angehen. Allerdings sollte dir bewusst sein, dass alles auch ganz anders kommen kann – denn wirklich planbar ist eine Geburt auch bei der besten Vorbereitung nicht, und möglicherweise können bestimmte Wünsche nicht erfüllt werden.
Schmerz und Ängste vs. Loslassen
Bei einem so einschneidenden Erlebnis wie einer Geburt sind Ängste ganz normal. Die gute Nachricht: Je besser du vorbereitet bist, desto besser kannst du ihnen begegnen und desto mehr Vertrauen in deine natürlichen Fähigkeiten wirst du bekommen. Eine intensive Betreuung deiner Hebamme ist die beste Schmerzprophylaxe überhaupt, denn die schlimmsten Geburtsschmerzen entstehen durch Angst und Verspannung. Du kannst schon während der Schwangerschaft eine Menge tun, um Schmerzen vorzubeugen, beispielsweise mit Entspannungstechniken und Akupunktur, aber auch während der Geburt gibt es viele Möglichkeiten, wie zum Beispiel:
- Periduralanästhesie (kurz “PDA”) oder Spinalanästhesie
- Lachgas
- Spasmolytica (krampflösende Medikamente)
- Opiate
Sanfte Alternativen:
- Akupunktur/Akupressur
- TENS
- Massagetechniken, Atemtechniken, Hypnopressing
Nicht jede Methode ist für jede Frau und jede Geburt geeignet, das ist sehr individuell. Aber wenn du dich vorher gut über diese Möglichkeiten informierst, kannst du aktiv mitentscheiden, sofern kein medizinischer Notfall eintritt.
Bei einer Geburt hat man leicht das Bild im Kopf, dass die Frau mit angezogenen Beinen auf dem Rücken liegt und das Kind herauspresst. Für die Geburtshelfer:innen ist das sehr bequem – für die Frau gibt es aber wesentlich günstigere Positionen. In der Eröffnungsphase empfinden es viele Frauen als angenehm, sich zu bewegen und herumzulaufen. Dabei wird das Baby schön ins Becken geschaukelt. Auch in der Austrittsphase ist es günstig, die Schwerkraft zu nutzen und eine stehende oder hockende Position zu probieren. Der Vierfüßlerstand kann ebenfalls gut funktionieren. Wenn du sehr erschöpft bist, bietet sich die Seitenlage an. Du lernst im Geburtsvorbereitungskurs viele unterschiedliche Positionen und Hilfsmittel kennen, wie beispielsweise Geburtshocker, Pezziball, Sprossenwand oder Seile. Vielleicht findest du während der Geburt instinktiv die Position, die für dich gerade am besten ist. Sprich aber mit deiner Hebamme und deiner Begleitung ruhig vorher ab, dass sie dich während der Geburt dazu animieren sollen, andere Positionen auszuprobieren, wenn sich eine mal nicht gut anfühlt – du selbst befindest dich in einem Ausnahmezustand und denkst vielleicht nicht von selbst daran.
Die Eröffnungsphase – der Beginn der Geburt
Die Eröffnungsphase ist die längste Phase der Geburt und dauert von Frau zu Frau unterschiedlich lange. Das Baby gibt das Go, und jede einzelne Geburt verläuft individuell.
Die frühe Eröffnungsphase (Latenzphase) dauert vom Beginn der noch leichten Wehen bzw. vom vorzeitigen Blasensprung bis zur Öffnung des Muttermundes auf etwa 4 bis 6 Zentimeter. Wenn du einen Einlauf möchtest, ist jetzt ein guter Zeitpunkt dafür. Das kann auch dafür sorgen, dass die Wehen regelmäßiger werden, sofern sie das noch nicht waren. Die Geburt geht dann in die aktive Phase über, während der Muttermund sich weiter öffnet. Das kann ein paar Stunden dauern, manchmal auch länger. In der aktiven Phase konzentrierst du dich automatisch auf die Wehen, die jetzt 30 bis 60 Sekunden dauern und im Abstand von 3 bis 7 Minuten förmlich anrollen (deshalb spricht man auch gern von “Wellen”).
Die letzten 2 Zentimeter bis zur vollständigen Öffnung des Muttermundes auf 10 cm in der Übergangsphase sind noch mal anstrengend und verlangen dir viel Kraft ab. Die Wehen kommen jetzt alle zwei bis vier Minuten und dauern etwa eine Minute. Gut möglich, dass du jetzt nur noch nach Hause willst (notfalls auch ohne Baby), deine:n Partner:in oder das Geburtshelferteam anschreist und die ganze Sache mit dem Kinderkriegen überhaupt für eine vollkommen absurde Idee hältst. Du bist damit nicht allein!
Spätestens jetzt platzt häufig die Fruchtblase, dein Baby kann aber auch mit intakter Fruchtblase auf die Welt kommen. Dein Baby drückt nun auf den Enddarm, und du wirst einen heftigen Drang zum Pressen verspüren. Es ist deshalb möglich, dass unkontrolliert Urin und Stuhlgang abgehen – das ist völlig normal und sollte dir nicht peinlich sein. Mit Atem- und Entspannungsübungen kannst du dem Pressen am besten widerstehen, bis der Muttermund vollständig geöffnet ist. Das ist wichtig, um Blutungen und Risse zu vermeiden, aber auch, um dem Baby seine Drehbewegung im Geburtskanal zu ermöglichen. Den meisten Frauen hilft jetzt der Gedanke, dass jede einzelne Wehe sie ihrem Baby ein Stück näherbringt.
Die Eröffnungsphase ist eine äußerst sensible Phase der Geburt, denn die natürliche Hormonkaskade, die zu Beginn in Gang gesetzt wird, ist extrem störanfällig. Stress, Angst, Unsicherheit, die fremde Umgebung in der Klinik – all das kann bewirken, dass der Körper die Produktion des wehenauslösenden Hormons Oxytocin stoppt – so ist es zu erklären, dass manche Frauen zu Hause im gewohnten Umfeld regelmäßige, muttermundwirksame Wehen haben, die dann in der Klinik plötzlich wie ausgeschaltet sind. Dann ist Geduld gefragt. Oft sind die Frauen aber irgendwann so erschöpft, dass medikamentös nachgeholfen wird, was den natürlichen Ablauf der Geburt empfindlich stört. So werden die Wehen häufig als schmerzhafter empfunden, weil die körpereigenen, schmerzhemmenden Endorphine durch den unterbrochenen Prozess nicht rechtzeitig ausgeschüttet werden können (dasselbe Problem ergibt sich bei einer Einleitung der Geburt).
Eine intensive Betreuung mit guter Aufklärung über die Geburt und ein Umfeld, in dem du dich gut aufgehoben und geborgen fühlst, beeinflussen gerade diese erste Phase der Geburt ganz wesentlich und stellen die Weichen für den Verlauf.
Die Austrittsphase (Austreibungs- oder Pressphase)
Wenn der Muttermund mit 10 Zentimetern vollkommen geöffnet ist, kommst du in die Phase der Geburt, in der du dein Baby herausschieben wirst. Diese kann im Schnitt von 30 Minuten bis 3 Stunden dauern, ein vollständig geöffneter Muttermund heißt nicht, dass das Baby jetzt direkt kommt. Schmerzhemmende Endorphine helfen beim Durchhalten, und die Aussicht, das Baby bald im Arm zu halten, gibt oft noch einmal einen Kraftschub. Die Wehen kommen alle 2 bis 4 Minuten und dauern nun 45 bis 90 Sekunden. Die Herztöne werden per CTG ständig kontrolliert, es ist die intensivste Phase für dein Kind, auch wenn es für dich vielleicht erleichternd ist.
Mit jeder Wehe schiebst du dein Baby millimeterweise weiter durch den Geburtskanal. Es gleitet allerdings, je nach Geburtsposition, immer wieder ein kleines Stück zurück. Wenn der Kopf sichtbar wird und bleibt, hast du es bald geschafft. Die meisten Hebammen führen hier warme Dammkompressen durch, um deine Vulva und deinen Dammbereich vor dem Einreißen zu schützen. Diese warmen Kompressen fühlen sich angenehm an für die Region, die gerade aufs Äußerste gedehnt wird. In den meisten Fällen wird die Hebamme einen Dammschutz machen, das heißt, sie wird deinen Damm mit ein wenig Gegendruck schützen. Es kann aber auch sein, dass deine Geburt “hands-off” verläuft, und du hier gar keine Unterstützung brauchst. Nur in den allerwenigsten Fällen ist ein Dammschnitt nötig, das wird heute in der Regel nicht mehr gemacht. Besonders in stehenden oder sitzenden Positionen ist das Risiko eines Dammrisses eher gering. Das Baby dreht sich, während du es heraus presst, der Kopf wird zuerst geboren, mit einer leichten Drehbewegung folgen dann die Schultern und schließlich der restliche Körper. Du hast es geschafft!
Dein Baby ist geboren und du darfst es in Empfang nehmen. Vielleicht brauchst du einen Moment, um alles zu realisieren und das Baby liegt noch kurz vor dir – die Hebamme wird dir helfen, Kontakt aufzunehmen. Du darfst das Baby dann auf deine Brust legen und bonden. Dieses erste Bonding sollte durch das medizinische Personal nicht gestört werden, alles Wichtige kann auch geschaut werden, während dein Baby auf dir liegt. Die U1, die erste Untersuchung deines Babys, muss nicht sofort in den ersten Minuten gemacht werden. In dieser Bondingzeit kannst du dein Baby auch das erste Mal anlegen, bzw. es robbt selbst zur Brust – unmittelbar nach der Geburt ist der Saugreflex sehr stark. Wenn du dein Kind sofort anlegst, bekommt es das wertvolle Kolostrum, die konkurrenzlos nährstoffreiche, vor Infektionen schützende Vormilch. Gut möglich übrigens, dass das Baby “muss” und etwas Pipi oder Babys erster Stuhlgang, das Mekonium, auf deinem Bauch landet!
Diese Phase ist unheimlich wichtig für eure Bindung, und wenn es keine medizinischen Indikationen gibt, sollte dem Bonding immer Raum und Zeit gegeben werden. Natürlich verlaufen Geburten aber nicht nach Plan, und es kann nötig werden, dass dein Baby kinderärztlich versorgt werden muss oder auch dass du ärztlich behandelt werden musst. In dem Fall ist es empfehlenswert, diese wichtige Phase des Bondings mihhilfe eines Bondingbads im Wochenbett nachzuholen.
Die Hebamme lässt in der Regel die Nabelschnur auspulsieren, bevor sie abgeklemmt wird, das dauert etwa fünf bis zehn Minuten. Dann kannst du oder darf dein:e Partner:in sie durchtrennen! Je nach Prozedur der Klinik folgt jetzt oder auch etwas später die erste Untersuchung des Babys.
Das Saugen und die Berührung hat noch einmal die Ausschüttung von Oxytocin angekurbelt – die letzte Phase der Geburt beginnt, und gleichzeitig wird die Milchbildung in Gang gesetzt.
Manchmal kann es in der letzten Phase der Geburt zu Komplikationen kommen und es braucht medizinische Unterstützung. Das kann verschiedene Ursachen haben, vielleicht sind die Herztöne des Kindes auffällig oder dass du eine sekundäre Wehenschwäche hast. Nur dann können auch mal Hilfsmittel wie Saugglocke oder Geburtszange eingesetzt werden – obwohl Zangengeburten wirklich nur noch sehr selten vorkommen. Das klingt erst mal beängstigend. Viele Frauen haben beim Begriff “Saugglocke” unwillkürlich das wenig charmante Bild eines Pümpels zum Freimachen von Abflüssen im Kopf. Tatsächlich ist es harmloser, als es sich anhört: Wenn das Köpfchen schon zu sehen ist und die Wehen nicht ausreichen, wird heute hauptsächlich mit der sogenannten “Kiwi” gearbeitet. Das ist eine kleine Schale, die tatsächlich etwa die Größe einer halben Kiwi hat. Sie erzeugt einen manuell hergestellten Unterdruck am Kopf des Babys und ist eine große Hilfe, um dem Baby bei den letzten Zentimetern auf dem Weg nach draußen zu helfen.
Die Nachgeburtsphase (Plazentarperiode)
Die meisten Frauen sind jetzt abgelenkt, überwältigt und mit ihrem Baby beschäftigt, sodass sie die letzte Phase der Geburt nur am Rande erleben: die Plazenta wird geboren. Dabei ist diese Phase der Geburt so wichtig, denn die Geburt ist noch nicht abgeschlossen. Mit deinem Baby auf deiner Brust bleiben Konzentration und Fokus trotzdem wichtig, um deine Plazenta zu gebären – jetzt ist (auch für Partner:innen) noch nicht die Zeit, zum Telefon zu greifen und Freunde und Familie zu informieren! Die nun wesentlich schwächeren Wehen, die in der Regel innerhalb von 30 Minuten für das Ausstoßen der Plazenta sorgen, werden kaum wahrgenommen. Umso aufmerksamer muss die Hebamme sein: Sie kontrolliert die Plazenta genau auf Vollständigkeit. Fehlt ein Stück deiner Plazenta, muss eine manuelle Lösung vorgenommen werden. Du bekommst eine kurze, leichte Vollnarkose – das gleiche passiert, wenn sich die Plazenta nicht löst. In beiden Fällen könnte es sonst zu Blutungen und Entzündungen kommen. Jetzt werden auch Geburtsverletzungen begutachtet und behandelt, falls nötig.
Früher war es üblich, die Babys nach der Geburt zu baden. Darauf wird heute in der Regel verzichtet, weil man weiß, dass die Bakterien aus dem Scheidenmilieu und die Käseschmiere einen wertvollen Schutz für Babys Haut und Gesundheit darstellen. Das erste Bad darf also gern noch warten!
Nach einer ambulanten Geburt könnt ihr nach ein paar Stunden nach Hause fahren, wenn es euch und dem Baby gut geht. Ansonsten geht es jetzt zum Ausruhen auf die Wöchnerinnenstation. Je nach Klinik sind die Möglichkeiten unterschiedlich – in den meisten Kliniken gibt es auch die Möglichkeit, ein Familienzimmer zu buchen. Das solltet ihr bei der Anmeldung direkt absprechen, denn es ist toll, wenn ihr die allererste Zeit als Familie gemeinsam genießen könnt!
Habt eine wunderbar sanfte, kraftvolle Geburt!
Sissi Rasche ist seit über 15 Jahren Hebamme aus Leidenschaft und begleitet Frauen liebevoll durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Zusammen mit ihrer Kollegin Kareen Dannhauer rief sie den Podcast “Der Hebammensalon” ins Leben, der mit viel Herz und Humor die häufigsten Fragen rund ums Baby beantwortet und auch als Buch erhältlich ist. Außerdem ist sie Mitgründerin des Babylabels BabyBox and Family. Sissi lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern im Berliner Stadtteil Charlottenburg.